Ohne klare Positionierung haben viele Online-Händler keine Zukunft

Ohne klare Positionierung haben viele Online-Händler keine Zukunft

Online-Händler ohne klare Positionierung, am besten mit Alleinstellungsmerkmal, erwischt die Marktbereinigung am härtesten. Reine Kistenschieber, die nur Ware einkaufen und verkaufen, werden so gut wie keine Überlebenschance haben.

Laut ECC Köln und Mücke, Sturm & Company werden sich nur diejenigen Konzepte durchsetzen, die Kernkompetenzen optimieren, ein klares Leistungsversprechen gegenüber dem Kunden abgeben und dies auch dauerhaft erfüllen können.

Sortiment und Kundenfokussierung sind entscheidend

Ein positives Nutzungserlebnis und ein einzigartiges Markenerlebnis sind das Fundament für Stammkunden und eine klare Positionierung dabei elementar. Neben der Leistungsführerschaft (tiefes Sortiment zu einem bestimmten Thema, hohes Produkt-Knowhow und Beratungskompetenz), könnte jedoch nach wie vor auch die Preisführerschaft als Positionierung stehen. Wer ausschließlich billige weiße Teller anbietet, kann kaum Leistungsführer werden, aber dennoch seinen Platz als Discounter für billiges Porzellan finden.

Björn Dorra von VersaCommerce sieht in seinem Artikel Marktforschung für Online-Händler: Eine Einführung im t3n-Magazin folgende Faktoren, die bei der Positionierung eines Shops eine wichtige Rolle spielen:

·         das Sortiment

·         der Service

·         der Preis

·         die Zielgruppe

·         die Präsentation im Online-Shop

·         und die Werbung

Zielgruppe im Mittelpunkt

Lässt man nun die Positionierung als Preisführer einmal beiseite, da diese Anbieter am leichtesten austauschbar sind, zeigt sich, dass grundsätzlich Produkte und Zielgruppe im Mittelpunkt stehen. Alle anderen Faktoren bauen darauf auf.

Händler müssen ihre Zielgruppe kennen, wissen, was diese bewegt und wo sie diese, mit welcher Marketingmaßnahme, am besten erreichen. Bei der Definition seiner Zielgruppe begehen Händler jedoch oftmals den Fehler, sich hier möglichst breit aufstellen zu wollen, aus Angst, etwas zu verpassen.

Es jedem recht machen zu wollen, wird jedoch nicht gelingen, das können die großen Marktteilnehmer besser. Schlussendlich bleibt man mit dieser Strategie für den Besucher wieder nur ein weiterer Shop, mit dem er sich nicht identifizieren kann und den er bereits vergisst, noch bevor er ihn verlassen hat.

Es geht darum, eine klare Kernzielgruppe zu definieren und sich um diese kompromisslos zu kümmern. Wichtig dabei ist, sich eine Alleinstellung aus Kundensicht zu verschaffen. Beispielsweise über exklusive Produkte oder Services. In Einzelfällen gelingt es auch, eine Exklusivität über Emotionalität zu erzeugen.

Tino Haller, Leiter des Onlinegeschäfts von DerMarkenJuwelier.de, gibt dazu folgende Tipps: „Macht Eure Hausaufgaben – es gibt eine Summe an Erfolgsfaktoren, die bearbeitet werden müssen. Dazu gehören eine klare Positionierung, die Beantwortung der Frage nach der Einzigartigkeit und, immer in Bewegung zu bleiben. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Einzigartigkeit, dem Mehrwert, um Stammkunden – möglicherwiese sogar Fans – zu gewinnen. Dies kann zum Beispiel über Anreiz- und Bonussysteme gelingen. Oder kleinen Geschenken, wie einem Silberputztuch für den Schmuck oder einer Geschenkbox.“

Zumindest jedoch sollte die Beratungskompetenz über die passende Produktauswahl klar erkennbar sein. So müssen die angebotenen Produkte zur Zielgruppe passend auf die Kundenbedürfnisse abgestimmt sein und sich auf einem akzeptablen Preisniveau bewegen. Der Kunde muss auf den ersten Blick wissen, was er von dem Shop erwarten kann. Bedeutend ist hierbei weniger, ein möglichst breites Sortiment abzudecken, sondern die richtigen bzw. wichtigen Produkte im Sortiment zu führen.

Sortimentsführung muss wieder Kernkompetenz werden

Gerade die Zusammenstellung des richtigen Sortiments für die Zielgruppe wurde von den meisten Online-Händlern bisher als Kernkompetenz vernachlässigt. Zu groß war die Versuchung, im Internet mit einem möglichst breiten Sortiment möglichst viele oder noch besser alle erreichen zu wollen.

Höchste Zeit also, sich darauf zu besinnen, was einen guten Händler ausmacht – das richtige Gespür um die Interessen und Wünsche seiner Kunden und vor allem das Wissen und die Kompetenz zu seinen Produkten.

Hagen Meischner von pixi* Software GmbH fasst dies im Experteninterview im Magazin shopanbieter to go folgendermaßen zusammen: In der Vergangenheit war zu beobachten, dass Online-Händler zu wenig auf klassische kaufmännische Tugenden achteten. Dies ist sicherlich auch dem rasanten Wachstumstempo dieser Branche geschuldet. Spätestens jetzt ist es jedoch notwendig, dass die Marktteilnehmer sinnvoll wirtschaftlich handeln und kalkulieren, um auf die künftigen Herausforderungen adäquat reagieren zu können. Auf der anderen Seite müssen sie die Funktion des klassischen Handels, nämlich die Sortimentsvorauswahl, übernehmen.“

Oder, wie Stefan Grimm, Gründer und Geschäftsführer von restposten.de & Grosshandel.eu, allen Händlern ans Herz legt:

Für die meisten Händler muss endlich wieder das Produkt im Zentrum stehen. Der Arsch muss beim Einkauf hoch von der Couch, die Zeiten der reinen Nachdisponierung bei zehn Standardlieferanten sind vorbei.

Händler müssen zukünftig vor allem eins – wieder zum Einkäufer werden! Raus auf Messen, in die Welt, zu dem Produzenten und Herstellern und natürlich auch ins Netz. Dann heißt es in aller Regel Bestehendes verbessern, individualisieren, Produktbundles schnüren, andere Farben, die Form oder das Material modifizieren, um so aus dem Mainstream und dem direkten Preisvergleich heraus zu kommen.

Dabei darf das Fahrrad aber ein Fahrrad bleiben, das Trampolin auch gerne ein Trampolin, denn so erreicht man unscharf suchende bzw. nicht festgelegte Käufer und kann diese von den eigenen Vorzügen überzeugen.

Handel bedeutete schon immer auch Wandel – und Chancen

Und wer, wenn nicht der Online-Händler, muss sich seit Beginn an auf sich ständig ändernde Rahmenbedingungen einstellen? Seien es rechtliche Änderungen, ständig wechselnde und steigende Herausforderungen bei der Technik bzw. den eingesetzten Softwares oder veränderten Wettbewerbs- und Marktbedingungen.

Nur, dass der notwendige Wandel diesmal weit tiefer gehen muss, als „nur“ die Software zu wechseln. Das gesamte Geschäftsmodell, ja das gesamte Unternehmen und die eigene Denkweise muss auf den Kopf gestellt werden.

Wem es gelingt, seine klare Positionierung im Markt zu finden, seine Prozesse zu professionalisieren, gleichzeitig sehr flexibel auf den Markt zu reagieren und sich nicht scheut, in Ideen zu investieren, der hat weiterhin beste Chancen zu bestehen.

Denn Chancen gibt es im Internet nach wie vor täglich neue. Seien es neue Online-Vertriebsplattformen, wie bepado oder die Möglichkeit mit sog. Popup-Stores stationäre Konzepte auszuprobieren. Es wird noch viel passieren – online genauso wie stationär.

Dieser Artikel ist ein Auszug aus dem Online-Händlermagazin „shopanbieter to go“. Erfahrene Praktiker befassen sich hier auf sehr praxisnahe Weise mit aktuellen Themen verschiedener Aspekte des Online-Handels auch abseits des Mainstreams. Klare Handlungsempfehlungen und sofort umsetzbare Praxistipps bieten Online-Händlern und E-Commerce Managern Denkanstöße für ihr Tagesgeschäft, sowie die strategische Unternehmenssteuerung.
Das Magazin ist kostenlos zum Download unter http://www.shopanbieter.de/to-go/ erhältlich.

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