Havarie im Suezkanal: Eigner der „Ever Given“ bittet Frachtkunden zur Kasse

Havarie im Suezkanal: Eigner der „Ever Given“ bittet Frachtkunden zur Kasse

Die „Ever Given“ schaffte es durch ihre spektakuläre Havarie im Suezkanal eine Zeit lang täglich in die Medien. Die Versuche, das Schiff aus seiner misslichen Lage zu befreien, rief bei vielen Besorgnis hervor – besonders das Bild vom kleinen Bagger neben dem riesigen Schiff schien ein Sinnbild für die verfahrene Situation zu sein. Dann kam die – vermeintliche – Lösung und für viele Händler die Erleichterung: Die „Ever Given“ ist wieder frei.

Mehr als 900 Millionen US-Dollar Schadensersatz

Der Ärger geht jedoch weiter. Denn die die Suezkanal-Behörde verlangt vom Eigentümer des Frachtschiffs mehr als 900 Millionen US-Dollar Schadensersatz. Als Reaktion hierauf hat die Reederei eine Havarie-grosse angemeldet. Diese – vielen Händlern bislang unbekannte – Klausel der Frachtbedingungen sorgt dafür, dass die Inhaber der Fracht zur Kasse gebeten werden. Und damit auch viele Händler im E-Commerce. Die Inhaber der transportierten Waren sollen sich also an der Schadensersatzzahlung beteiligen – darunter auch deutsche Händler. Die „Ever Given“ werde von den ägyptischen Kanalbehörden festgehalten, bis die angefallene Auslösesumme von der Reederei bezahlt werde, teilte der Frachtdienstleister Rhenus Logistik mit. Somit bleiben auch die transportierten Waren der Händler erst einmal an Ort und Stelle.

Klausel in den Frachtbedingungen sorgt für Haftung der Händler

Der Begriff Havarie-grosse steht für “große Havarie” und regelt seit Jahrhunderten genau solche Vorkommnisse in der Seefahrt. Konkret bedeutet er, dass die Eigentümer der Ladung sich an den Rettungskosten eines Schiffes und weiteren Schäden beteiligen müssen. Das geht aus einem Bericht des Spiegel hervor. Die „Ever Given“ transportierte 18.000 Container. Der Eigner teilt die Kosten nun je nach Warenwert auf die Eigentümer der beförderten Güter auf. Der Ausfall der Kanalgebühren in Höhe von täglich bis zu 15 Millionen US-Dollar und die Kosten für die Bergungsarbeiten summieren sich auf insgesamt 916 Millionen US-Dollar.

Nur passende Transportversicherung schützt Händler vor Kosten

Viele Händler wussten zunächst nicht, dass ihre Bestellungen sich ebenfalls auf dem berühmten Frachtschiff befanden. Doch die Anwaltskanzlei des japanischen Eigners Shoei Kisen Kaisha hat die Betroffenen einem Spiegel-Bericht zufolge bereits über die ausstehenden Zahlungen informiert. Wer seine Ware zurückhaben möchte, muss seinen Anteil der Havariekosten tragen. Ärgerlich ist dies vor allem für all jene Händler, die keine Transportversicherung abgeschlossen haben. Experten weisen zudem darauf hin, dass auch nicht jede Versicherung in einem solchen Fall greift. Wie so oft spielt das Kleingedruckte eine große Rolle. Händler kommen also auch künftig nicht darum herum, sich die Versicherungsbedingungen genau durchzulesen.

Ware lässt noch zwei Jahre auf sich warten

Neben den Kosten gibt es für betroffene Onlinehändler noch eine weitere Hiobsbotschaft: Experten schätzen, dass das Verfahren bis zu zwei Jahre dauern könnte. Wer nicht will, dass der Online-Shop künftig leer ist, muss daher noch tiefer in die Tasche greifen und die Ware nachbestellen – zusätzlich zu den Kosten für die Havarie. So manche Existenz ist dadurch bedroht.

Wer einen Online-Shop hat und weiß, dass die Ware nicht rechtzeitig kommt, sollte die Lieferzeiten vorsorglich anpassen oder das Produkt vorübergehend aus dem Shop nehmen. Denn ein Nichteinhalten von Lieferterminen sorgt bei den Käufern für Frustration. Zudem hat der Kunde in einem solchen Fall das Recht, vom Vertrag zurückzutreten.

Weitere Herausforderungen: Das ändert sich durch Corona im Handel und E-Commerce

Die Havarie im Suezkanal ist nicht die einzige Herausforderung, der sich der Handel derzeit stellen muss. Die Coronakrise hatte die Onlinehändler im Vorfeld bereits auf die Probe gestellt. Einerseits verzeichnete der E-Commerce eine Umsatzsteigerung. Angaben des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel (BEVH) zufolge stieg der Umsatz 2020 um knapp 15 Prozent. Doch nicht alle Branchen profitierten. Gewinner waren vor allem Anbieter von Produkten des täglichen Bedarfs wie Lebensmittel, Drogeriewaren oder Medikamente. Einen Rückgang gab es bei digitalen Dienstleistungen wie Reisebuchungen oder Event-Tickets.

Der Umsatz im stationären Handel litt deutlich unter den Lockdowns und Corona-Regelungen. Wenn Kunden dann einkaufen durften, zeichnete sich eine Änderung der Zahlungsweise ab. Die kontaktlose Zahlung konnte sich einen festen Platz bei den Lieblingszahlungsarten der Kunden erkämpfen. Einer Umfrage von Bitkom zufolge zahlten zwischen September und November 2020 drei Viertel der Kunden mindestens einmal kontaktlos. 23 Prozent nutzen diese Art des Bezahlens sogar mehrmals pro Woche, sechs Prozent sogar mindestens einmal am Tag.

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