Rückblick: Die wichtigsten Urteile und Gesetze im Juli 2019

Rückblick: Die wichtigsten Urteile und Gesetze im Juli 2019

Amazon reagiert auf Ermittlungen des Bundeskartellamts

Das Bundeskartellamt hat Amazon mal genauer unter die Lupe genommen: Konkret geht es um die Vertragsbedingungen, die Amazon seinen Händlern unterbreitet. Diese seien intransparent und überraschend. Kritisiert wurde außerdem, dass die Händler Amazons Willkür quasi ausgeliefert sind: Das Unternehmen behält sich nämlich vor, aus nicht genannten Gründen den Vertrag von heute auf morgen zu kündigen und dem Händler damit womöglich die Geschäfts- und Lebensgrundlage zu entziehen.

Amazon hat allerdings auf die Ergebnisse der Ermittlungen reagiert und eine Verbesserung der Vertragsbedingungen angekündigt. Unter anderem soll der ausschließliche Gerichtsstand in Luxemburg fallen und für Händler soll ersichtlich werden, wann Amazon Seller-Konten sperrt oder sich gar ganz von dem betreffenden Händler löst.

Verkäuferin wehrt sich erfolgreich gegen Kontensperrung

Neben dem harten Urteil des Bundeskartellamts musste Amazon außerdem eine Niederlage vor dem Landgericht Hildesheim einstecken: Eine Verkäuferin hat mittels einer einstweiligen Verfügung die Entsperrung ihres Accounts erwirkt. Grund für diesen Erfolg ist eine rechtswidrige AGB-Klausel:  „Wir können diesen Vertrag oder ein Programm jederzeit durch Benachrichtigung an Sie mit sofortiger Wirkung kündigen oder aussetzen (auch ohne Grund).”, heißt es dort. Das Gericht sah hierin einen Verstoß gegen § 307 BGB. Gemäß diesem Paragraphen sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen: „Natürlich steht es Amazon vor dem Hintergrund der Vertragsfreiheit frei, den Vertrag mit einem Verkäufer ordentlich zu kündigen. In diesem Fall müsste Amazon jedoch bestimmte Fristen einhalten und könnte den betroffenen Händler nicht einfach ‚rauswerfen‘ und erst Recht kein Guthaben einbehalten“, begründet das Gericht seine Entscheidung.

BGH: Nicht jeder Ebay-Bieter ist ein Abbruchjäger

Es gibt sie: Die sogenannten Abbruchjäger. Darunter versteht man Personen, die gezielt nach Auktionen bei Ebay suchen, die mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit vom Verkäufer aus unterschiedlichen Gründen abgebrochen werden. Nach erfolgtem Abbruch können die Abbruchjäger dann beispielsweise Schadensersatzforderungen an den Verkäufer stellen. Der BGH (Urteil vom 22.03.2019, Aktenzeichen: VIII ZR 182/17) musste sich nun die Frage stellen, woran ein solcher Abbruchjäger erkennbar ist. Ein bloßer Schnäppchenjäger ist jedenfalls automatisch noch kein Abbruchjäger: Im zu entscheidenden Fall hatte ein Käufer in insgesamt 100 Fällen Schadensersatzforderungen wegen vorzeitig beendeter Auktionen gestellt. Hierin sah der Bundesgerichtshof aber noch kein Indiz, dass der Käufer lediglich Gebote abgibt, um dann Schadensersatzforderungen zu stellen.

Deutsche Umwelthilfe erwirkt erstes Urteil gegen Online-Handel wegen Elektrogesetz

Nach dem Elektrogesetz sind Händler dazu verpflichtet, Altgeräte nicht nur zurückzunehmen, sondern auch darüber zu informieren. Der Online-Shop von Netto gab auf seiner Homepage an, dass insbesondere LED- und Energiesparlampen bei stationären Läden, wie etwa DM, abgegeben werden können. Hierin sah die Deutsche Umwelthilfe einen Verstoß und klagte. Das Landgericht Duisburg (Urteil v. 27.06.2019, Aktenzeichen 21 O 84/18) gab dem Verein Recht: Ein Händler, der dazu verpflichtet ist, Altgeräte zurückzunehmen, darf nicht auf andere Stellen verweisen. Das ist das erste Urteil, mit dem ein Online-Händler gezwungen wird, seinen Pflichten nach dem Elektrogesetz nachzukommen.

Bußgelder wegen Verpackungsgesetz drohen

Viele Händler berichten von einem Schreiben der Zentralen Stelle, in dem sie aufgefordert werden, eine Mengenmeldung für das Jahr 2018 abzugeben. Das ist auch ganz korrekt: Das neue Verpackungsgesetz gilt zwar erst seit dem 01.01.2019, es führt aber die Pflichten der alten Verpackungsordnung fort. Das bedeutet, dass Händler, die in der Vergangenheit nachlässig mit dem Thema Verpackungslizenz umgegangen sind, nun mit rückwirkenden Bußgeldern rechnen müssen – es sei denn, sie kommen ihrer Pflicht nach, was auch noch nachträglich möglich ist.

EuGH: Amazon muss keine Telefonnummer angeben

Aller guten Dinge sind drei und so reiht sich diese rechtliche Neuigkeit mit beim Thema Amazon ein: Der EuGH hat sich nämlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob Online-Händler auf Grundlage der Verbraucherrechterichtlinie zur Angabe einer Telefonnummer verpflichtet sind. Geklagt hatte der Verbraucherzentrale Bundesverband gegen Amazon. Die europäischen Richter haben nun festgestellt, dass nicht unbedingt eine Telefonnummer angeben werden muss; die Richtlinie verpflichte lediglich zu einer Möglichkeit der schnellen und direkten Kontaktaufnahme. Dies könne auch durch Kundenchats und Rückrufformulare erreicht werden. Nun liegt die Akte wieder beim BGH, der überprüfen muss, ob Amazon die Anforderungen an eine schnelle und unkomplizierte Kontaktaufnahme erfüllt.

Online-Händler wegen Fälschung von Porto-Etiketten zu über zwei Jahren Haft verurteilt

Ein Online-Händler wollte Kosten sparen und hat die Porto-Etiketten für DHL einfach am Computer nachgeahmt, ausgedruckt und aufgeklebt. Insgesamt hat er 26.000 Sendungen auf diese Weise verschickt. Damit hat er die DHL um 140.000 Euro gebracht. Das Gericht hat den 39-jährigen Ebay-Händler daher wegen Betruges in 143 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten verurteilt.

Deutsche Umwelthilfe betreibt keinen Abmahnmissbrauch

Die Deutsche Umwelthilfe, die zur Zeit vor allem wegen dem Abgasskandal viel in den Medien ist, betreibt laut einem aktuellen Urteil des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 4. Juli 2019, Aktenzeichen: I ZR 149/18) keinen Abmahnmissbrauch. Grund für die Annahme, dass ein solcher Rechtsmissbrauch betrieben werden könnte, ist das Finanzierungsmodell der DUH: Diese erwirtschaftet mit Abmahnungen und Vertragsstrafen aus Unterlassungserklärungen so viel Geld, dass mit den Überschüssen andere Projekte finanziert werden können. Darin sieht der BGH aber kein Problem: Solange damit Projekte getragen werden, die – getreu dem satzungsgemäßen Zweck der DUH – dem Umwelt- und Verbraucherschutz dienen, liegt darin noch kein Indiz für das rechtsmissbräuchliche Aussprechen von Abmahnungen.

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